Giercke / Harter

Allgemeine Namensherkunft: Giercke

Der Nachname "Giercke" entstand unter Beeinflussung des slawischen Rufnamens Girek, der eine gebildete Koseform von Gerhard ist. 

Auch wenn der Name es nicht unbedingt vermuten lässt, so ist Hermann Johann Adolf  Reppenhagen sozusagen der "Urvater" der Famile Giercke. Er war einer der drei unehelichen Kinder von Elisabeth Reppenhagen. Mit 17 Jahren soll er die eine polnische Magd Anna Schmandra geschwängert haben, die als Saisonarbeiterin in Mecklenburg war. Das Kind erhielt die Vornamen August Albert und als uneheliches Kind den Nachnamen der Mutter: Schmandra. Hermann Reppenhagen leugnete zunächst die Vaterschaft, aber das Kind war vor seine Tür gelegt worden und die Mutter zurück nach Polen gegangen. August wurde nicht vom Vater, sondern von der Großmutter Elisabeth großgezogen. Sie heiratete später Friedrich Johann Gierke, mit dem sie drei weitere Kinder hatte und mit dem sie sich um den kleinen August Albert kümmerte. 1914 kam es dann durch Antrag beim großherzogtumlichen Justizministerium zu Schwerin zur Namensübertragung auf "Giercke".

August Reppenhagen heiratete später Auguste Caroline Wilhelmine Hacker, mit der er eine Tochter (mit zwei Jahren verstorben) und zwei Söhne, Ewald und Werner, hatte. Alle drei Söhne hatten Kontakt zueinander und verstanden sich gut miteinander. Sie wurden alle Berufssoldaten. Ewald und Werner starben im 2. Weltkrieg; Ewald nach Kriegsverletzung im Lazarett in Pirna und Werner in Saldus (Lettland).

August Albert Giercke trat mit 20 Jahren in das 2. Mecklenburger Eskadron, 14. Reiterregiment ein. Wie sein Führungszeugnis dokumentiert, war der "Wachtmeister Giercke ein hervorragender Soldat, ein besonders guter Reiter und Schütze."

Am 10. März 1927 heirate er die Haustochter Anne Lina Else Harter, sie bekamen zwei Kinder: 1928 Horst-Ottmar Paul August und 1933 Karin Else Leni Friedel.  

Im September 1930 verließ er die Armee als Leutnant der Reserve und wurde Vollzugsbeamter in Waren. August und Else bauten ein großes und massives Haus unweit der Müritz. 

Mit 41 Jahren wurde August Giercke erneut zum Kriegsdienst eingezogen. Der Russlandfeldzug des 2. Weltkriegs führte ihn als Rittmeister der 1. Gebirgsdivision per Pferd bis in den Kaukasus. Er kehrte unverletzt nach Waren zurück.

Am 01.05.1945 fuhren sowjetische Panzer der II. Belorussischen Armee in Waren ein, August und Elses Haus wurde besetzt und diente der sowjetischen Armee als Offiziersquartier. Am 09.01.1946 gab der General Major Skoserew folgenden Befehl bekannt: "Das Steinhaus, 3-etagig, 13 Räume mit Mobiliar wird durch mich enteignet". Das Haus gelangte auch nach der deutschen Wiedervereinigung nicht in den Familienbesitz zurück.

Nach der Flucht in den Westen wohnten Else und August im Bremer Schüsselkorb, eine Straße mitten in der Bremer Altstadt. Für uns Kinder ein Traum an Geborgenheit und Umsorgtsein. Während August mit uns erst zum Bismarck Denkmal, dann an der Weser spazieren ging, führte uns Else zu Karstadt (meine Schwester wollte immer so gern Rolltreppen fahren) und dann in die Böttcherstraße zu Kaffee Hag und wir bekamen einen echten Kakao mit Sahne.

Horst-Ottmar Paul August Giercke, sein ganzes Leben Hollo oder auch H.O. genannt, wurde in Parchim geboren und wuchs in Waren Müritz auf. Nach der Grundschule besuchte er die Richard Wossidlo Oberschule in Waren (heute: Richard Wossidlo Gymnasium). Er experimentierte mit Chemiebaukästen und versetzte mit großen Stink- und Rauchwolken seine Mutter in Panik.

Im Herbst 1944, also mit 16 Jahren wurde er als Luftwaffenhelfer eingezogen und diente als Flakhelfer auf der Insel Borkum in der Flugabwehr. Im April 1945 löste sich die Einheit eigenmächtig auf und anonym flüchtete er unter abenteuerlichen Bedingungen zu Fuß nach Hause.

Er besuchte 1945 die 11. Klasse der Oberschule in Waren als Hildegard Hönke in sein Leben trat. Die Flucht aus Ostpreußen hatte sie hierher verschlagen und sie fand Aufnahme in der Jungenschule. Dort drückten die beiden gemeinsam die Schulbank in einer Klasse, zu der auch der spätere Schauspieler Klaus-Jürgen Wussow (berühmteste Rolle Prof. Brinkmann in der Schwarzwaldklinik) und Heiner Müller, der als deutscher Dramatiker und Dramaturg des Berliner Ensembles bekannt wurde. 

1947 machten sie gemeinsam das Abitur. Weil beide zunächst keinen Studienplatz erhielten, arbeiteten sie als Lehrer in Waren. Anschließend ging Hollo nach Göttingen und studierte dort bis Oktober 1948 Chemie. Durch den Beschluss der Alliierten zur Entmilitarisierung Deutschlands durften Deutsche nicht mehr naturwissenschaftliche Fächer studieren und musste sein Chemiestudium beenden.

Sein Vater vermittelte ihm in Beedenbostel eine Lehrstelle als Maurer. Seine Liebste, Hildegard, war inzwischen aus der sowjetisch besetzten Zone geflohen und hatte eine Ausbildung als Rotkreuzkrankenschwester in Bremen angetreten. Um bei ihr zu sein, fuhr Hollo mit dem Fahrrad an den Wochenenden nach Bremen (pro Strecke 130 km)!

Nach Abschluss der Maurerlehre begann er sein Studium zum Bauingenieur und Architekt an der Bau- und Ingenieurschule der Freien Hansestadt Bremen. Er fand eine kleine Dachgeschossbutze in der Besselstraße oberhalb eines Erotik-Kinos. Hildegard versorgte Hollo mit Essensresten aus dem Krankenhaus.

1953 heirateten sie und bezogen die erste gemeinsame Wohnung. 1954 bestand er das Abschluss-Examen und bekam seine erste Anstellung als Bauingenieur im Architekturbüro Wessel, später im Architekturbüro Dr. Säume. Er führte die Entwurfsplanung, die Ausführung und die Bauleitung beim Umbau des Kaufhauses Defaka in Bremen, die Erweiterungsbauten Klinikum Bremen Mitte, Hotel Rheinischer Hof, den Neubau der Schule in der Vahr. Für seine Entwurfszeichnungen, Bauausführung und Bauleitung für das Jugendzentrum Gartenstadt Vahr im Bauhausstil erhielt den Anerkennungspreis der Hansestadt Bremen.

Der richtige Zeitpunkt, um sich selbständig zu machen. Als Architektenbüro H. O. Giercke spezialisierte er sich auf Bauausführung und Bauleitung und baute: die Grund- und Realschule an der Carl-Goerdeler-Straße, Grund- und Hauptschule Witzlebenstraße, Gymnasium Kurt-Schumacher-Allee, Abriss Norddeutscher Lloyd Gebäude (er rettete die Göttin der Architektur, die seitdem im Vorgarten seines Hauses steht), Kaufhaus Horten, Lloyd Passage, Uni Bremen – naturwissenschaftlicher Trakt, Warenzentrallager VW Emden, Rathaus Achim, zahlreiche Apollo-Geschäfte in ganz Deutschland und 23 Wohnhäuser, die er selbst im modernen Bauhausstil entworfen hatte – unter anderem auch sein eigenes Haus, streng nach den Regeln seines Vorbildes Marcel Breuer.

Vier Kinder wurden dort groß, vorübergehend auch Anlauf- und Heimatstelle für alle weiteren geflüchteten Verwandten aus dem Osten. 

Karin Else Leni Friedel Giercke hatte andere Ambitionen als ihr Bruder. Sie wanderte 1958 in die USA aus, heiratete 1962 Irving D. Hechtman, bekam Sohn Scott und wohnte bis zu ihrem Tod in Chicago. Scott Hechtman lebt mit seiner Familie in Kalifornien.

Familienbilder Giercke


Eine Auflistung der Vorfahren von Ralf Giercke können hier eingesehen werden:


Allgemeine Namensherkunft Harter:

Harter ist die Ableitung auf -er zu Hardt:

  1. Wohnstättenname zu mittelhochdeutsch, mittelniederdeutsch hart (Wald, Trift, Weidetrift),
  2. Herkunftsname zu Ortsnamen wie Haard, Haardt, Hard, Hart.

Die Wurzeln der Familie Harter lassen sich, ebenso wie bei Familie Giercke, nicht sehr weit zurück verfolgen. Als "Urvater" kann man somit Karl Harter bezeichnen, von dem aber wenig bekannt ist. Er war Stellmachermeister in Stampen, Kreis Oels.


Mehr wissen wir über seinen Sohn Paul Harter, denn von ihm liegt ein in Sütterlin geschriebener Lebenslauf vor. Da heute kaum noch jemand Sütterlin lesen kann, haben wir den Inhalt in aktueller Schriftform daneben gestellt. Und so kann jeder seinen Lebensweg nachverfolgen. Früh entschied er sich, zum Militär zu gehen – aus "besonderer Vorliebe zum Soldatenstande", wie er in seinem Lebenslauf schreibt.

Später wurde er "Landjägermeister". Leider ist nicht genau klar, was das bedeutete, denn es gibt nur wenige Informationen über über die "Landjägerei" und "Gendarmerie" in den allgemein zugänglichen Quellen. Sie gehörten zur "Königlich Preußischen Landgendarmerie". Mit Ende des Ersten Weltkriegs erfolgte die Herauslösung aus dem militärischen Bereich. Am 6. März 1919 wurden die Gendarmen zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft ernannt. Mit einer Verordnung der preußischen Staatsregierung vom 21. Juni 1920 wurde die Landgendarmerie in Landjägerei umbenannt und die Dienstgrade entsprechend angepasst, z. B. Gendarmeriedistriktsoffizier zu Landjägerrat, Gendarmerie-Oberwachtmeister zu Landjägermeister, Gendarmerie-Wachtmeister zu Oberlandjäger und Landjäger. Die mit dem königlichen Wappen versehenen Helme wurden noch bis 1922 getragen, bis ihre Verwendung sowohl inner- wie außerdienstlich durch eine Verordnung vom 9. August 1922 untersagt wurde. Stattdessen wurde lediglich die Dienstmütze getragen.

Der Rang des Langjägermeister war immerhin so wichtig, dass er auf seinem Grabstein verewigt wurde.

Nicht nur in der Familie Giercke, sondern auch der Familie Harter gibt es Seitenlinien in den USA:

Der Bruder Karl  von Elsa Giercke, geb. Harter wanderte ebenfalls in die USA aus. Lange hatte die Familie nichts über ihn oder seine Nachkommen gehört – bis sich eines Tages ein Paul Karl Jr. Harter, Enkel von Karl, meldete. Er hatte diese Website auf der Recherche nach seinen Vorfahren gefunden. Heute stehen wir mit ihm in regelmäßigem Kontakt.

Familienbilder Harter

  

Die Nachkommen von Harter in Bezug zur Familie Giercke können hier eingesehen werden: