Boelcke 

Allgemeine Namensherkunft Boelcke:

Ableitung von Bohle und der Ableitungsendung in der Koseform (-cke).

  1. Aus einer niederdeutschen Kurzform von Baldwin gebildeter Familienname. 
  2. Übername zu mittelniederdeutsch bole (Bruder, Verwandter, Amts- und Gildebruder; auch Geliebter). 
  3. Wohnstättenname zu mittelniederdeutsch bole (Bohle, dickes Brett, Balken).

Familie Boelcke führt uns, ebenso wie die Hönkes, nach Ostpreußen – in die Nähe von Danzig. Wer sich die Gegend und die Orte genauer ansehen möchte, findet hier eine gute Übersichtskarte und ein Ortsregister.

Viele Erinnerungen an die Familie Boelcke hat Joachim Boelcke (ein Cousin von Hildegard Giercke, geb. Hönke) in seiner Familienchronik – Geschichte und Geschichten meiner Ahnen und ihrer Heimat – zusammen getragen. 

Mit dem Namen Boelcke ist auch immer das Gut Mahlkau verbunden. Das Gut lag ca. 25 km westlich von Danzig und ca. 15 km östlich von der Kreisstadt Karthaus. Zuckau, die nächste Bahnstation, war nur 3 km entfernt. Der Gutshof lag inmitten der Ländereien, und das Gutshaus war von Stallungen umgeben.
So schreibt Joachim u.a.:

Auszug aus der Familienchronik:

... In diesem Korridor (Anm.: gemeint ist der Polnische Korridor), der wiederum Ostpreußen von Deutschland trennte, stand auf dem Gut Malkowo (Mahlkau) meine Wiege, in die ich aus der Freien Stadt kommend sanft hineingelegt wurde. Die Wiegenlieder erfuhr ich in deutscher Sprache. Schließlich war ich ja auch ein Bürger der "Freien Stadt" Danzig, die unter dem Schutz des Völkerbundes stand.

Auf dem Gut Mahlkau gehörte ich zur 4. Generation. Mein Ururgroßvater Johann Gottlieb Heinrich Boelcke, Sohn des Johan Jakob Boelcke, wurde am 24.September 1797 in Groß Kleschkau geboren. Dieser Ahne hatte sich von den Pachterträgnissen der Bernsteinausbeute, dem Gold der Ostsee, das Gut Barnewitz gekauft, das auch in Westpreußen lag. Sein ältester Sohn Franz erbte dieses Gut wie es damals so üblich war. Nun muss aber das Bernsteingeschäft mehr abgeworfen haben, denn auch die anderen fünf Söhne erhielten alle zu Vaters Lebzeiten ein Gut. Diese Güter lagen alle im gleichen Territorium, nicht weiter als 10 km voneinander entfernt. Der reiche Vater starb erst 1873 in Danzig. Sein Sohn Albert Karl August, geboren am 20.April 1828, bekam das Gut Mahlkau. Wenn die Überlieferung stimmt, schon im Jahre 1853, als dieser gerade erst 25 Jahre alt war ...

Eine Erklärung für den Reichtum und den Grundbesitz findet man im Bruderbuch der St. Reinholdsbank, Artushof zu Danzig:

In der Sitzung der Kaufleute und Bankenbrüder der St. Reinholdsbank im Artushof zu Danzig im November 1787 erregte das Angebot des Abtes vom Kloster Kartause Marienparadies aus Karthaus, Westpreußen, für Aufregung. Das Kloster bietet zwei Wagenladungen mit Bernstein zum Verkauf an. Bernsteinsammeln ist durch das Preußische Dekret untersagt. Gemäß den Angaben des Abtes stammt der Bernstein von Johann Jakob Boelcke, der in der Sturmflut an der Ostseeküste bei Hela den Bernstein aus dem Meer gefischt hat. Bernsteinfischen wird vom Dekret nicht erfasst. Er erhielt dafür umfangreiche Ländereien aus dem Besitz des Kartäuserklosters.

Mahlkau wurde als Familiengut bis 1945 geführt – zuletzt von Rudolf Boelcke, Joachims Vater. Rudolf Boelcke verstarb im Juni 1944, seine Ehefrau Ilse führte den Gutsbetrieb bis zur Flucht 1945. Hierüber berichtet Joachim:

Auszug aus der Familienchronik:

... Sie [Ilse Boelcke] war noch keine 36 Jahre alt, da begann für sie der harte Kampf um das Überleben für sie und uns vier Kinder. Die Entscheidungsgewalt – oder besser die Entscheidungspflicht – hatte sie nun ganz alleine auf dem Gut der Erbengemeinschaft. Dabei hatten sich gegen Ende des zweiten Weltkrieges die Bedingungen zu wirtschaften, total verändert. Obwohl für jeden erkennbar der Krieg schon verloren war, führte eine entsprechende Äußerung unweigerlich zum Tode. Der Gauleiter predigte immer noch den Endsieg und untersagte allen Personen ihre Heimat zu verlassen.

Mit Beginn des Jahres 1945 waren die Tage in Mahlkau schon gezählt. Unsere Mutter ließ vom Stellmacher einen gummibereiften Wagen herrichten. Er wurde mit Holz umkleidet, mit Teppichen ausgelegt und mit Betten und Essenvorräten ausgestattet. Da der Winter außergewöhnlich hart war, gab es drinnen auch einen kleinen eisernen Ofen. Auf einen zweiten offenen Wagen wurde grobes Gepäck wie Kisten und Koffer, aber auch Heu für die Pferde verladen. Auf unserem Gut war zu jener Zeit ein Inspektor, der auch noch an den Endsieg glaubte und angekündigt hatte, mit der Waffe die Flucht zu verhindern. Deswegen startete unser Treck am 24. Januar 1945 um 1.30 Uhr in der Nacht und deswegen blieb unsere Mutter zurück, um die Stellung zu halten und das Unternehmen nicht zu gefährden ...
  

Ilse Boelcke bleibt noch bis Anfang März 1945 auf Gut Mahlkau zurück. Erst dann beginnt sie ihre eigene Flucht, die sie über Danzig, eine Überfahrt mit dem Schiff "Wilhelm Traber" nach Kiel und diverse Stationen am 31. März 1945 zu einem Wiedersehen mit ihren Kindern nahe Neuruppin führt.

Anders als der Hof der Hönkes in Herzberg, steht das Gutshaus in Mahlkau und einige Teile der Stallungen noch. Der Hof hat mehrfach den Besitzer gewechselt. Zahlreiche Familienmitglieder haben Mahlkau inzwischen besucht.

Der vollständige Text der Familienchronik liegt uns vor. Interessierte Familienmitglieder können sie gerne bei uns anfordern.

Familienbilder Boelcke

Eine Vorfahrenliste der Boelcke-Linie findet man hier:


Mahlkau – Bilder von Ruth Geschke

Ruth Geschke, die Tochter von Margot Boelcke und Georg Geschke, wurde 1914 geboren und hat sich als junges Mädchen viel in Mahlkau aufgehalten, das für sie wie ein Paradies gewesen sein muss. Als der Besitz der Boelckeschen Erbengemeinschaft nach 1945 für immer verloren war, hat sie diese wunderbaren Dokumente aus dem Gedächtnis heraus geschaffen. Zum Teil hat sie sich selbst als Kind auf den Bildern dargestellt. Die Wahrheitstreue dieser Bilder hat alle Kenner des Gutes erstaunt. 

Ruth nutzte auch beruflich ihre künstlerische Begabung und wurde Bühnenbildnerin an der Berliner Scala. 

Mahlkau – Fotos gestern und heute